In den Nullerjahren hatte sich die hessischen Landekartellbehörde bundesweit einen (berüchtigten) Namen gemacht, weil sie mit unvergleichlichem Nachdruck bei formal privatisierten Wasserversorgern gegen (vermeintlich) überhöhte Wasserpreise vorgegangen war (s. RUNDBR. 929/3, 905/1-3). Im Gegensatz zu rein kommunalen Wasserversorgern unterliegen Wasserversorger in der Rechtsform einer GmbH oder einer Aktiengesellschaft der Preisaufsicht durch die Landeskartellbehörden – selbst wenn die GmbH oder die AG mehrheitlich in Besitz der Kommune ist.
Missbräuchlich überhöhte Wasserpreise hatten die Kartellbehörde u.a. auch bei der ESWE-Versorgungs AG in Wiesbaden für die Jahre 2007 bis 2011 ausgemacht: Die Wasserpreise in Wiesbaden seien um 27 Prozent überhöht. Unterstützung bekam die Landeskartellbehörde vom Bundeskartellamt. Das Bundesamt hatte in einer bundesweiten Untersuchung festgestellt, dass damals die Wasserpreise in Wiesbaden ganz weit oben im Ranking angesiedelt seien. Das hessische Wirtschaftsministerium hatte deshalb nach jahrelangem Streit mit der ESWE im Jahr 2016 eine sogenannte Abschöpfungsverfügung in Höhe von 46,2 Mio. Euro wegen überhöhter Wasserpreise gegen das Unternehmen ausgesprochen. Die ESWE erklärte die vergleichsweisen hohen Wassergebühren damit, dass in Wiesbaden große Höhendifferenzen (418 Meter) vorherrschen würden, so dass insgesamt 17 Druckstufen erforderlich seien. In Wiesbaden werde Wasser in Schierstein, im Hessischen Ried und im Taunus gewonnen. Der Ferntransport wirke sich natürlich auf die Kosten der Wassergewinnung aus, so die ESWE.
Die Auseinandersetzungen über den „Preismissbrauch“ in Wiesbaden führten zu schier unendlichen Gerichtsprozessen. Die sind am 27.02.25 mit einem Vergleich in Höhe von 17,5 Mio. Euro zu Ende gegangen. Der Betrag soll von den ESWE dazu genutzt werden, um in den nächsten fünf Jahren die Wassergebühren stabil zu halten. Denn inzwischen geht es nicht mehr um Preise, sondern um Gebühren. Das ist darauf zurückzuführen, dass sich Wiesbaden im Jahr 2012 – wie einige andere Kommunen in Hessen ebenfalls – durch eine „Flucht in die Rekommunalisierung“ den weiteren Nachstellungen der hessischen Kartellbehörde entzogen hatte (s. RUNDBR. 1007/3-4, 966/3-4, 995/1-2, 940/1-3, 931/1-2, 929/2, 921/1, 918/3, 912/4, 905/1-3 - siehe Volltextsuche, Spalte links auf dieser Seite). Bei rein kommunalen Wasserversorgern (Regie- und Eigenbetriebe) unterliegt die Höhe der Gebühren nicht mehr der Preisaufsicht durch die Kartellbehörde (s. 949/2-3). In früheren Verfahren hatte sich die Landeskartellbehörde bereits in Kassel und Herborn, bei der Frankfurter Mainova und der Darmstädter HEAG auf Vergleiche geeinigt. Dabei konnte die Kartellbehörde Erstattungen für die Kunden im Umfang von jeweils 20 Prozent erreichen.